Münchner Filmzentrum
FRIEDA GRAFE: Zu Marlene Dietrich / 2

 

Zu Marlene Dietrichs 100. Geburtstag  (Fortsetzung)

Dass ihre Distanziertheit auf der Showbühne zuweilen beklagt wurde, gibt nur zu erkennen, dass ihre Kritiker schon bei ihren Filmen nicht genau hingeschaut, jedenfalls sie schlecht verstanden hatten. Was sie von der Kinoszene auf ihre Shows übertrug, war der Anspruch, den sie bei Sternberg kennen gelernt hatte. Die Schleier und Netze und Luftschlagen, mit denen er die Zweidimensionalität der Leinwand markierte, sollten den Zuschauer wissen machen, dass er das Eigentliche, weil unabbildbar, nie zu sehen bekommt. So verstand Sternberg die Abstraktion des Kinos.

Für sie auf der Showbühne waren hauptsächlich seine Methoden hilfreich. Sie transferierte, was sie im Kino gelernt hatte, auf ihre Shows, was Sternberg im Kino mit ihr bewerkstelligte, sein Bild von ihr, auf ihre Auftritte. Sie amplifizierte in ihrem Singen sein Kino und mache es so einem anderen Publikum zugänglich.

Sternberg, wie viele Regisseure der beginnenden Tonfilmzeit, ließ seine Lola singen, für die Besucher im Kabarett Der Blaue Engel, für den Professor und für das Kinopublikum. Marlene tat ihr Bestes, wobei ihr Friedrich Hollaender – der auch in den Marlene-Filmen von Billy Wilder nach dem Krieg mit dabei war – am Klavier und als Texter, aber auch die Berliner Luft jener Zeit eine große Hilfe waren.

 

      Wer wird denn weinen, wenn man auseinander geht,

      wo an der nächsten Ecke schon ein andrer steht.

      Man sagt Auf Wiedersehn und denkt sich heimlich bloß:

      Nun bin ich endlich wieder ein Verhältnis los.

 

Diesen Berliner Gassenhauer sang sie, auf dem Klaviert thronend mit baumelnden Beinen. Ihr Vortrag prädestinierte sie für die Lola Lola. Die Doppelung des Vornamens lässt sich verstehen, wenn man dazu bereit ist, als Hinweis auf etwas, das Sternberg in den sechziger Jahren in Abwandlung des berühmten Satzes von Gustave Flaubert französischen Interviewern sagte: »Marlene, das bin ich.« Die zweite Lola ist von Sternberg.

 

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