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Open Scene 28.1.2016: „Schachnovelle“ mit Curd Jürgens
Am 28.01.2016 um 19.00 Uhr zeigen wir gemeinsam mit dem Münchner Filmmuseum den Film „Schachnovelle“ (1960) von Gerd Oswald, nach der Novelle von Stefan Zweig. Die Autorin Dr. Heike Specht hält zuvor eine Einführung.
SCHACHNOVELLE
BRD 1960 – Regie: Gerd Oswald – Buch: Harold Medford, Gerd Oswald, nach der Novelle von Stefan Zweig – Darsteller: Curd Jürgens, Claire Bloom, Hansjörg Felmy, Mario Adorf, Dietmar Schönherr – 103 minDer österreichische Schriftsteller Stefan Zweig verdichtet in seiner Novelle von1942 die Erfahrung des Exils nach 1938, aus dem er nicht mehr zurückkehrte. Curd Jürgens – der am 13. Dezember 1915 in München-Solln geboren wurde – spielt die Rolle des Dr. Werner von Basil, eines Wiener Juristen, der von der Gestapo verhaftet wird. In seiner Einzelhaft, in der das Geheimnis versteckter Kunstschätze von ihm erpresst werden soll, beschäftigt er sich zur inneren Rettung mit einem gestohlenen Schachlehrbuch. Von Basil wird zu einem besessenen Schachspieler, der dem Spiel geradezu obsessiv verfällt. Wieder in Freiheit, auf dem Überseedampfer nach Amerika, ist sein Spielgegner der Schachweltgroßmeister Mirko Centrowic, gespielt von Mario Adorf.
Die Züricher Autorin und Lektorin Heike Specht, die zum 100. Geburtstag von Curd Jürgens die ausführliche Biografie „Curd Jürgens – General und Gentleman“ verfasst hat, erschienen im Aufbau Verlag, wird zur Entstehung des Films und zum Medienbild des einstigen deutschen Weltstars eine Einführung im historischen Kontext geben.
Eine Kartenreservierung ist unter Tel. 089 – 233 96450 möglich.
Wir freuen uns auf Ihren Besuch!
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Neue Filmreihe: François Truffaut
Vom 7. Januar bis zum 28. Februar 2016 zeigt das Münchner Filmmuseum die Reihe "Die Schule des Lebens – François Truffaut".
François Truffaut (rechts) mit Jean-Pierre Leaud und Jacqueline Bisset bei den Dreharbeiten zu „La nuit américaine“ (Die amerikanische Nacht)
Der Schluss seines Debütfilms bereitete ihm Kopfzerbrechen. In welches Schicksal sollte er den kleinen Antoine Doinel entlassen, nachdem er aus dem Erziehungsheim geflohen war? Ein optimistisches Ende wäre unehrlich gewesen, aber ein niederschmetterndes hätte ebenso wenig gestimmt. François Truffaut (1932–1984) entschied, dass er keine Drehbuch-, sondern eine plastische, filmische Lösung finden musste. So läuft Jean-Pierre Léaud nun in der letzten Einstel-lung von SIE KÜSSTEN UND SIE SCHLUGEN IHN erwartungsvoll aufs Meer zu, bis das Bild einfriert und der Gesichtsausdruck des Jungen das Publikum mit ebenso viel Zweifel wie Zuversicht zurücklässt.
Das Drehbuch, in dem Truffaut von den Verletzungen erzählt, die ihm selbst in seiner Kindheit zugefügt wurden, endete noch ganz anders: mit einem Blick auf Antoine und seinen Freund René, die durch die Straßen von Paris schlendern; eine Erzählstimme aus dem Off schilderte ihren weiteren Lebensweg. Um jene allzu gefällige Poesie zu vermeiden, mit der Kinder im Kino sonst gezeigt werden, hatte Truffaut das Buch humorvoll angelegt. Bei den Dreharbeiten schlichen sich dann Ernst und Gravität ein – sein väterlicher Mentor, der Kritiker André Bazin, war in der Nacht des ersten Drehtages gestorben –; er gab sich alle Mühe, seinem jungen Hauptdarsteller das Lächeln auszutreiben.
Ein großzügig Liebender
Als Truffauts Film 1959 in Cannes Premiere hatte, besiegelte er den Siegeszug der Nouvelle Vague. Eine ausgelassene, unkonventionelle und zitierfreudige Art des Filmemachens brach sich Bahn. Wie die meisten Regisseure der Bewegung posierte er auf Fotos gern mit der Kamera, hatte tatsächlich aber ein eher platonisches Verhältnis zur Technik: ein stolzer Autodidakt, der überzeugt war, als aufmerksamer Zuschauer mehr gelernt zu haben, als er es auf dem damals traditionellen Weg über die Regieassistenz getan hätte.
Truffaut hatte als ehrgeiziger, enthusiastischer und polemischer Filmkritiker begonnen, der in seinen Rezensionen für die Cahiers du cinéma, Arts und andere Publikationen insgeheim schon die Filme vorausahnte, die er gern selber drehen wollte. Eine Retrospektive seines Werks wäre nicht vollständig ohne einen Blick in das filmische Universum seiner Idole Jacques Becker, Alfred Hitchcock, Ernst Lubitsch, Max Ophüls, Jean Renoir, Roberto Rossellini und Jean Vigo. Seine Liebe zum Kino war nicht dogmatisch: Claude Sautet, der von seinen Nachfolgern in der Cahiers-Redaktion sträflich unterschätzt wurde, pries er als den französischsten aller Regisseure.
François Truffaut wurde der erfolgreichste unter den Protagonisten der Nouvelle Vague. Seine persönlichen, intimen Filme sind die zugänglichsten und lebendigsten der Bewegung. Er ist vielleicht der einzige Regisseur, dessen Filme schon einem Kind einen Eindruck davon vermitteln, was Autorenschaft im Kino ist. Seine Erzählhaltung, die Charaktere niemals mit Herablassung zu zeichnen, brachte ihm Bewunderer und Nachahmer in aller Welt ein. Seine Lust am Stilbruch prägte das New Hollywood nachhaltig; sein Einfluss zeigt sich im Werk von Arthur Penn und Paul Mazursky. So unterschiedliche Regisseure wie Leos Carax, Arnaud Desplechin, Cédric Klapisch und Tsai Ming-liang beziehen sich auf ihn. Quentin Tarantino zitiert ihn in KILL BILL. Und noch in Noah Baumbachs FRANCES HA zeigen sich Spuren seines Stils und seiner Themen.
Weiter (pdf) im Text von Gerhard Midding und zum Programm der Filmreihe vom 7. Januar bis 28. Februar 2016.